Wir befinden uns nahe am Kern des Hochs, das langsam nach Osten zieht und uns süd-westliche Winde bringt. Das Wetterfenster scheint günstig, die Nordsee diagonal zu queren und den Kurs nach Mandal an die Südküste Norwegens abzusetzen. Doch wenn man genau hinschaut, sieht man, dass vom Atlantik ein Sturmtief heran rauscht, das zum Wochenende die gesamte Nordsee und den Skagerrak erfasst. Bei einer angenommenen Durchschnittsgeschwindigkeit von 6 kn über Grund und einer Distanz von rund 420 sm wird klar, dass wir Norwegen vor dem Tief nicht erreichen können.
35 Knoten Wind im Skagerrak - nicht gerade verlockende Aussichten!
Die Suche nach Alternativen beginnt. Wir könnten den Kurs nach Thyborön absetzen. Die 360 Seemeilen wären zu schaffen. Das Anlaufen der Westküste Dänemarks ist bei nordwestlichem Wind auf Grund der vorgelagerten Sänden und der Legerwallsituation jedoch sehr gefährlich. Also auch keine zufriedenstellende Lösung.
Immer wieder schauen wir auf die Karte und lassen das Wettergeschehen der nächsten Tage auf dem Bildschirm durchlaufen. Unwohlsein macht sich breit. Doch irgendwann macht es Klick! Wer sagt, dass wir über die Nordsee in den Skagerrak und weiter nach Oslo müssen? Wir könnten auch über Helgoland und die Elbmündung nach Brunsbüttel, durch den Nord-Ostsee-Kanal nach Kiel, durch den Kleinen Belt nach Norden, weiter nach Skagen und entlang der westschwedischen Schären in den Oslo-Fjord.
Je länger wir darüber nachdenken, desto besser gefällt uns die Variante. Zumal auch der Wettergott auf dieser Route mit uns ist. Und es war die Idee von Chefine :)
Gesagt getan! Für die 260 sm nach Helgoland haben wir 42 Stunden gebraucht. Mit der gestrigen Flutwelle sind wir bei frischem achterlichen Wind mit über 10 Knoten in die Elbmündung gesegelt und haben kurz vor Mitternacht die Schleuse in Brunsbüttel genommen. Seit 6 Uhr morgens motoren wir durch den NOK und haben gerade Kilometer 93,5 passiert. Ostsee wir kommen!