Ein umfangreiches, sehr schweres Sturmtief "wütet" über dem östlichen Nordatlantik. Das damit verbundene Tief über Süd-Norwegen führt auf der Nordsee zu steifen Starkwind aus SSW. Angesichts der sich intensivierenden Wetterlage besprechen wir die möglichen Optionen des weiteren Törnverlaufes.
Routenoptionen
Wunschziel und am anspruchsvollsten ist das südlich gelegene Wilhelmshaven, alternativ bliebe Bremerhaven. Falls wir diese Häfen nicht erreichen können, bleibt als sichere Ausweichmöglichkeit Cuxhaven, das wir mit Kurs halben Wind gen SE anlaufen könnten. Unsere Strategie ist lange die ablaufende Tide zu nutzen, um vor der Küste möglichst westlich zu segeln bevor der Flutstrom einsetzt. Doch zuvor müssen wir die hohe See der östlichen Deutsche Bucht gen Süden queren...
Gute Vorbereitung
Wir schlagen das Trysegel an der hierfür montierten zweiten Mastschiene an und binden das Tuch auf das zusammengelegte Großsegel. Bei dem auflandigen Wind führen wir, wie am Vortag das Ablegemanöver mit Eindampfen in die Vorspring aus. Im Vorhafen setzen wir das Trysegel und rollen die Arbeitsfock zu ca. 90% aus. Der Deutsche Wetterdienst warnt vor Sturmgefahr, die See in der Deutschen Bucht ist bis 4 m vorhergesagt. Zur Mittagszeit segeln wir gut gerüstet unter gereffter Fock und Trysegel aus dem Hafen von Helgoland in die bewegte See der Nordsee. Unsere Nautor’s Swan 441 besticht dabei durch perfektes Seeverhalten. Die Rudergänger können das große Steuerrad mit feiner Übersetzung in konzentrierter Wahrnehmung des Windeinfallwinkels gut halten. Wir praktizieren Hochseesegeln, das Sicherheit vermittelt.
Konsequentes Kurshalten
Bei S-SW 7 mit stürmischen Böen zu 8 Beaufort segeln wir konsequenten Am-Wind-Kurs und können – auch aufgrund der nach W ablaufenden Tide – Kurs SSE über Grund halten. Nördlich der flachen Sände der Nordergründe wenden wir auf Steuerbord-Bug und nutzen den Gezeitenstrom gen Westen. Mit weiteren Kreuzschlägen arbeiten wir uns in das Mündungsgebiet von Weser und Jade vor. Am frühen Nachmittag passieren wir schließlich bei Niedrigwasser die Untiefe Wangerooger Plate westlich. Mit diesem Einsatz haben wir die Voraussetzungen geschaffen, Wilhelmshaven anlaufen zu können. Nun nutzen wir den einsetzenden Flutstrom und segeln mit zunehmender Geschwindigkeit über Grund durch das Wangerooger Fahrwasser in die Jade.
Nächtliche Ansteuerung
Der Wind hat mit Wirkung der Landabdeckung auf S 6 nachgelassen und wir haben die Arbeitsfock komplett ausgerollt. Wir segeln in die Dunkelheit und kreuzen im Fahrwasser der Jade in südliche Richtung auf. Dabei müssen wir aufgrund unserer hohen Geschwindigkeit bis 10 kn Fahrt über Grund sehr aufmerksam navigieren. Als wir die Container-Terminals des Weser-Jade Ports passieren, wird der Wind instabil. Wir bergen die Segel und führen die restliche Fahrt unter Motor durch, bis wir abends Wilhelmshaven erreichen. Bei ablandigem Wind machen wir im Nassauhafen an einem Schwimmponton längsseits fest – Distanz 56 sm.
Unter den gegebenen Naturbedingungen haben wir im Gezeitenrevier der Nordsee das maximale erreicht. Den Abend gestalten wir an Bord.