Unsere Erlebnisse

Westray im Kielwasser

Das umfangreiche Tief über dem Nordmeer führt in seinem südlichen Einzugsgebiet zu einer instabilen Wetterlage, die von einem wechselhaften Frontensystem dominiert wird. Unseren Seeschlage an die Nordwestküste Schottlands planen wir anhand des ECMWF und GFS Wettermodelle sowie den Informationen zum Gezeitenstrom aus dem Reeds Almanach.

Route planen
Der Schlüssel liegt im Erkennen des geeigneten Wetterfensters für unsere Überfahrt auf der Nordsee nördlich Schottlands. Bei der vorherrschenden Westlage ist das Vorhaben ambitioniert, aber machbar. Plan B (den wir nicht realisieren wollen, aber gut ist zu haben): Falls die Umstände in der Praxis nicht mehr zumutbar werden sollten, könnten wir mit Scrabster einen geschützten Hafen in Lee anlaufen.

Yacht vorbereiten
Im Hafen wechseln wir das Vorsegel – die Genua III kommt in den Sack, die Genua IV ans Vorstag. Das kleinere Vorsegel hat oberhalb des Kopfes einen Vorlauf und hat so den Wirkungsgrad wie bei einem 7/8-getakeltem Rigg. Der Segeldruckpunkt ist tiefer, was gerade bei Starkwind auf Am-Wind-Kurse zu einer guten Performance führt. Wir sind also für unsere Seeetappe mit den zu erwartenden Wetterfronten gut aufgestellt.

Papasound
Am Nachmittag legen wir um 15:40 UTC+1 nach Hochwasser von Pierowall ab. Der auflandige Starkwind hat nachgelassen und rechts gedreht. Wir lassen uns in die Achterspring (auf Slip) einsacken und steuern aus dem Hafen. Der ablaufende Ebbstrom trägt uns durch den Papasound in nördliche Richtung. Die Barre passieren wir bei zusätzlichen 2 m Wasser (Höhe der Gezeit). Aufgrund des gegenläufigen Einflusses von Wind und Gezeitenstrom entstehen Tidal Rips, die wir unter langsamer Motorfahrt durchsteuern. Dadurch hält sich die Auswirkung der kurzen Wellen auf die Yacht im Rahmen.

Raue Nordsee
Bei W-NW 5 setzen wir aufgrund der zu erwartenden Bedingungen das Großsegel zunächst ins dritte Reff, anschließend rollen wir die Genua IV aus. Mit WSW-Kurs segeln wir entlang der Nordküste von Westray und passieren die die Steilküste der Huk von Noup Head. Es geht hinaus auf die offene See der Nordsee, die mit einer gegenläufigen Atlantikdündung aufwartet. Immer wieder taucht die Yacht tief in die Wellen ein, die mehrfach das Deck komplett waschen. In einer Situation wird unsere Swan quasi aus dem Nichts in ein Wellental (5 m Amplitude) geworfen. Die Erschütterungen gehen durch das gesamte Schiff und wir sind froh um die Qualität unserer Yacht. Je weiter wir in das offene Meer hineinsteuern, desto harmonischer wird der Seegang. Wir nutzen weiterhin die ablaufende, nach Westen setzende Tide.

Überlappendes Wachsystem
Wir haben mit dem Ablegen ein überlappendes Wachsystem festgelegt. Die Wachen belaufen sich für jedes Crewmitglied auf 3 Stunden – 1,5 Stunden mit dem ersten und danach in gleicher Länge mit dem zweiten Wachpartner. Bei 5 wachhabenden Seglern kommt somit 4,5 Stunden Freiwache zustande. Mit zuverlässiger Seemannschaft und aufmerksamen Steuerleistungen segeln wir in die dämmrige, in verschiedenen Grautönen dunkler Regenwolken variierende Sommernacht der nördlichen Nordsee.

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