Es bleibt die gesamte Nacht schwarz und regnerisch. Es ist tricky in der Atlantikdünung bei leichtesten umlaufenden Winden zu segeln. Längstens haben wir das Großsegel geborgen, um das Material von Rigg und Segeltuch zu schonen.
Karl: Der eine oder andere daheim wird sich beim Blick auf unsere Kurs- und Positionsdaten schon gewundert haben was wir hier so machen. Ich kann euch beruhigen, uns geht es nicht anders. Wir sind momentan offensichtlich in einem Seegebiet, für das es schwierig ist eine brauchbare Vorhersage zu bekommen. So haben wir Wind wenn eigentlich Flaute angekündigt ist und umgekehrt. Selbiges gilt für die Windrichtung. Abweichungen zwischen 90 und 120 Grad zwischen Wind vor Ort und der Vorhersage sind jetzt auch schon öfters vorgekommen. All das behindert natürlich unser Vorankommen und führt zu den Zacken in unserer Kurslinie.
Wind einfangen
Die Genua haben wir soweit eingerollt, dass das Achterliek nicht mehr an die Wanten schlagen kann. Das restliche Tuch fängt den gelegentlichen Windhauch. Die Crew lässt sich durch die widrigen Bedingungen nicht unterkriegen und zeigt Moral. Die absolute Akzeptanz der Natur gehört dazu, den Atlantik ausschließlich unter Segeln zu bewältigen.
Karl: Sollte sich jemand sorgen, dass uns die Nahrungsmittel ausgehen, den können wir beruhigen. Nach aktueller Lage kann - auch wenn der Törn länger gehen sollte - die Nachfolgecrew noch gut von unseren Vorräten leben. Das gilt auch für das Trinkwasser in den Tanks und Flaschen. Was wir auch noch immer reichlich haben ist gute Laune und es wird trotz der oft in der Dünung schlagenden Segel gern und viel geschnackt und gelacht.
Unter vollen Segeln
Im Morgengrauen kommt Bewegung in den leichten Wind. Nach dem Durchzug einer weiteren Regenfront dreht der Wind von SW rechts auf N-NW 2 und entwickelt sich im Tagesverlauf auf einen guten Segelwind N-NW 4. Endlich geht es unter vollen Segeln der Genua II und Großsegel wieder voran. Das graue Regenwetter klart auf und wir machen gute Geschwindigkeit. Am Nachmittag setzen wir bei W-NW 3-4 den Leichtwind-Spinnaker.
Wetterstörung
Am frühen Abend kommt dann die nächste Wetterstörung auf. Das sind kleine, von Regenschauern durchsetzte Parzellen niedrigeren Luftdrucks, die den ‚eigentlich‘ vorherrschenden Wind mit ihrem eigenen Wind stören. Der Wind dreht, nimmt zu und ab und fordert uns wachsam nach dem Wind zu segeln. Sobald die Parzelle wieder abzieht, kann sich nach einer gewissen Zeit der ‚reguläre‘ Wind wieder entwickeln. Das Großsegel haben wir geborgen. Bei den leichten variablen Winden erzielen wir in dieser Situation mit unserer 73 qm umfassenden Genua bessere Performance das Vorsegel alleine zu segeln und entsprechend dem guten Schnitt den Wind optimal einzufangen.